Montag, 20. Oktober 2008

Hagebutten aufwandsminimiert verarbeiten

Hagebutten

"Hagebutten waschen, Stiele und Blütenansätze abschneiden, Früchte halbieren, Kerne und Härchen auskratzen ..."

Solche Anweisungen mögen die Freizeit von Galeerensträflingen abwechlungsreich gestalten, sind aber nichts für Leute, die Kochen als vergnügliches Hobby betrachten. Mal abgesehen davon, dass je nach Rosensorte sehr, sehr, sehr viele Früchtchen so behandelt werden müssten, ehe auch nur ein Kilo voll ist, sodass man ob der schieren Menge kirre würde, möchte man doch auch jeden Kontakt mit den juckenden Härchen tunlichst vermeiden.

Hagebuttenhärchen

Zum Glück besteht aber gar keine Notwendigkeit, sich die Butten zur Verarbeitung einzeln vorzunehmen.

Die Bequemlichkeit beginnt bei der Ernte: Angesichts der großen Zahl von Rosensorten kann man auch in freier Natur um extrem wehrhafte Sträucher einen großen Bogen machen und sich auf moderat bestachelte beschränken. Unter diesen wiederum wählt man tunlichst solche mit möglichst großen Früchten. Gepflückt werden nur einwandfreie Butten, die weder matschig noch verschrumpelt sind. Den richtigen Reifegrad haben sie, wenn sie prall und saftig sind und sich relativ leicht lösen lassen.

Die Aufmerksamkeit wird belohnt, denn auf diese Weise bringt man eine gut vorsortierte Ernte nach Hause. Jetzt müssen nur noch ein paar Blättchen, die sich vorwitzig in den Korb geschmuggelt haben, entfernt und die Hagebutten gründlich abgespült werden.

Anschließend werden sie in einen Topf gekippt und gut mit Wasser bedeckt - etwa 1 Teil Wasser auf 1 Teil Hagebutten, aber so genau ist das nicht. Aufkochen und bei moderater Hitze zugedeckt weichgaren. Das dauert je nach Größe und Festigkeit der Butten mindestens eine halbe, eher eine ganze Stunde. Etwa zur Halbzeit bringe ich den Kartoffelstampfer zum Einsatz, um die Butten schon mal grob zu zerkleinern. Das ist vermutlich nicht nötig, aber ich bilde mir ein, dass auf diese Weise mehr von den gesunden Inhaltsstoffen gelöst werden.

Sobald die Hagebutten schön weich sind, werden sie durch den feinsten Einsatz der flotten Lotte passiert. Das sondert alle Stängelchen und Kerne und den größten Teil der Härchen und der beim Kochen zerbröselten Blütenansätze aus. Dann treibe ich den Brei noch durch ein normales feines Sieb: Danach findet nur noch die Prinzessin auf der Erbse das eine oder andere durchgerutschte Härchen. :-)

Hagebuttenessig Die Rückstände im Passiersieb können noch weiterverwendet werden, ehe sie im Kompost landen: Mit Essig übergossen, ein paar Tage durchgezogen und dann abgefiltert, wird ein fruchtiger Hagebuttenessig daraus. Oder einfach nochmal mit Wasser vermischen, fein sieben und den entstandenen Saft mit Zucker zu Sirup einkochen.

Das fein passierte Hagebuttenmus lässt sich nach Belieben weiterverarbeiten. Für Marmelade kann man es einfach mit Zucker mischen und bis zur Gelierprobe einkochen. Bei mir gewinnt allerdings nach dem Passieren die Ungeduld Oberhand. Da will ich nicht mehr ewig kochen, sondern endlich fertig werden: Ich gieße so viel Wasser zum Mus, bis wieder das ursprüngliche Hagebuttengewicht erreicht ist, gebe etwa 25% Zucker (kosten!) und etwas weniger Geliermittel (3:1) zu, als laut Packungsanweisung nötig ist. Auf- und 3 Minuten sprudelnd kochen, in Gläser füllen, fertig. :-)

Hagebuttenmarmelade

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16 Kommentar(e):

Anonym meint:

Was sind das denn schon wieder für Köstlichkeiten, von denen ich nichts abbekomme?? - Deine Ideen sind einfach grandios!

Barbara meint:

DANKE!!!

Wir haben erst gestern beim Spaziergang darüber gesprochen, dass es diese Galeerensträflingsarbeit doch irgendwie nicht sein kann, sondern auch anders gehen muss... :-)

Danke für diese Anregung, ich liebe nämlich Hagebutten, habe bisher aber auch diesen Aufwand gescheut.

Anonym meint:

... tolle Anleitung! Danke! Ich hatte die Idee, etwas mit Hagebutten zu machen schon weit von mir gewiesen ... aber so wie Du es machst, kann frau gerne wieder drüber nachsinnen :-)

lg Maude

Julian R meint:

Auch ich danke! Und Du kannst ruhig Du sagen... :-)

Anonym meint:

Wundervoll schöne Farbe! Noch nie habe ich Hagebuttenmarmelade probiert, aber deine Anleitung schreit direkt danach.
Auch der Essig hat es mir angetan.
Toll!

Nysa meint:

wo kriege ich jetzt bitte hagebutten her???? ich will dieses hagebuttenmus... will will will!!! ps: tolle fotos ;-)

Anonym meint:

Hallo nysa,
wenn man draußen spazieren geht, findet man zur Zeit überall welche! Oft am Rand von Feldwegen! Am besten etwas vergleichen, denn manche Sträucher haben viel dickere Hagebutten als andere.

Anonym meint:

Nichts wie auf in die Butten dank diesem wundervollen Tipp!

Anonym meint:

Bei uns heißt das Hägenmark. Auf den Wochenmärkten gibt's das jetzt überall zu kaufen ... frisch aus dem Fass... für Faulis wie mich...

KochSinn meint:

Dank für die vielen Infos zur Hagebutte, war bis dato immer der Meinung das die Früchtchen viel Arbeit machen. Hab gerade meine Flotte Lotte rausgeholt, demnächst wird nach Hagebutten gefahndet.

Anonym meint:

wer gleich etwas mehr davon ansetzen möchte kann hier nachsehen wies gemacht wird.

Anonym meint:

Der Hagebuttenessig klingt hochinteressant. Hält sich der Geschmack denn lange oder dominiert das Saure schnell?

Hedonistin meint:

@Kulinaria - Hagebutten plus Essig ist Säure zum Quadrat, von Anfang an. :-) Schmeckt zwar fruchtig, aber nicht typisch nach Hagebutte. Wie lange das anhält, kann ich noch nicht sagen, ich hab das heuer erstmals probiert. Beim nächsten Versuch würde ich gleich etwas (Zucker-)Sirup zusetzen, und vielleicht die Geschichte auch einkochen.

@Hr.L. - Ahnt ichs doch, dass Profis die Butten auch nicht einzeln entkernen. :-)

@alle - Vom Zeitaufwand her steigt man mit dieser Methode übrigens nicht besser aus als beim einzelnen Entkernen. Es kann, wie in Roberts Link beschrieben, auch nötig sein, den Brei mehr als einmal zu sieben/filtern. Aber es ist so viel angenehmer. Bei der klassischen Methode bleibts nicht aus, dass Härchen zuhauf rumfliegen; und alle entfernt man trotz der Mühe auch niemals.

Julian R meint:

Hallo Hedonistin,

ich habe heute auch mal mit unseren Hagebutten herumprobiert. Den zweiten Siebgang habe ich mir gespart, weil ich keinerlei Effekt darin sehen konnte. Wahrscheinlich habe ich kein entsprechend feines Sieb. Auch habe ich nur ganz wenig Butten verwendet, da wäre wahrscheinlich nichts übrig geblieben. Hier meine Fotoserie, in Ermangelung einer ordentlichen Beleuchtung mit dem Handy geschossen:

http://picasaweb.google.com/julianreischl/Hagebutten

Andreas meint:

Das ist wirklich mal ein tolles Rezept! Als Hagebutten-Marmeladen-Fan frage ich mich bei jedem Herbstspaziergang, wie toll es wäre, wenn man diese Massen von Hagebutten verarbeiten könnte. Aber jede Hagebutte einzeln behandeln, da habe ich dann immer frustriert den Gedanken wieder verworfen.
Nun habe ich spaßeshalber einfach mal Google bemüht und diesen Artikel gefunden.Werde ich sofort mal ausprobieren. Vielen Dank!

Lisa meint:

Hej, nachdem ich mit 2,5 kg Hagebutten nach Hause kam um nach "alter Großmutter" Sitte daraus Marmelade zu machen und nach 5 Hagebutten bereits das Messer wegschmeissen wollte, habe ich diesen Eintrag entdeckt und bin nun dabei, die Hagebutten "aufwandsminimiert" zu verarbeiten. Mal sehen, was daraus wird???
Auf jeden Fall schon mal "Tack för recept"!!
Schöne Grüße aus Schweden