Sonntag, 1. November 2009

Angenähert: Saftiger Maroni-Kuchen mit Maroni-Ganache

 
Sehr saftiger Maronikuchen

Immer wieder mal wird in deutschsprachigen Blogs über die amerikanischen Cup-Maße geklagt, und die Mühen, sie auf gewohnte und vertraute Mengenangaben umzurechnen. Aber warum in die Ferne schweifen? Exotische Messgrößen liegen so nah: Im Land der Alphörner werden Flüssigkeiten zwar nicht in selbigen, aber in Dezilitern gemessen, was auch ziemlich schräg ist. Wer rechnet denn mit sowas? Die durchschnittliche Mitteleuropäerin jedenfalls nicht. Die liest die Zahl 0,25 in Kombination mit dem Wort Milch ganz unausweichlich als 1/4 Liter Milch. Und schüttet eben diese Menge in den Teig für jenen eidgenössischen Maroni-Kuchen, dessen Rezept bloß nach 0,25 dl Milch verlangt hatte. Was der genannten Mitteleuropäerin aber erst auffiel, nachdem sie die Form mit dem höchst flüssigen Teig ins Rohr geschoben hatte und dann nochmal ins Rezept guckte, denn: "Komisch, dass Hr.L. gar nicht erwähnt hat, was für ein dünnes Süppchen dieser Teig ist ..." :-)

Glücklicherweise richtete die Überdosis Milch keinen allzu schlimmen Schaden an. Der Kuchen war zwar mehr als nur schön saftig, er war so supersaftig, dass er sich schon hart an der Grenze zur Klitschigkeit bewegte - sie aber nicht überschritt. Was von den Aufnahmekapazitäten der EsserInnen nicht gesagt werde kann: Die schafften zu zweit an einem Tag mit Müh und Not die Hälfte des Kuchens. Maroni, Sahne und Schokolade läppern sich doch zu erheblicher kalorischer Macht. :-)

Was sich als Glück erwies: Denn am zweiten Tag war dieser Kuchen perfekt. Offenbar haben die Maroni - bekanntlich eine trockene Angelegenheit, die bei purem Genuss nach Zufuhr stürmischer oder federweißer Flüssigkeit verlangt - sich an der Milch bedient. Der Kuchen war nicht mehr super-, sondern genau richtig saftig, und die Maronischeibchen desgleichen, weder trocken noch ledrig. Was danach noch von der Überdosis Milch geblieben war, hatte sich am Kuchenboden abgesetzt. Diese zwei Millimeter sichtbarer Feuchte könnte frau als Symptom für Murks betrachten - ich sag jetzt aber einfach: Das muss so sein. Das ist das Erkennungsmerkmal eines perfekten Maronikuchens. Maronikuchen ohne zwei Millimeter Bodenfeuchte ist nicht richtig gelungen. Der braucht das. Sonst würde oben die Schokolade verwelken. :-)

Dennoch, etwas weniger Flüssigkeit wäre besser. Gerade so viel weniger, dass frau die Springform nicht mit Alufolie abdichten muss. Ich denke, beim nächsten Mal werde ichs mit 150-200 ml versuchen (ist schon so im Rezept notiert), ein Teil davon vielleicht als Sahne - Hüftgold ist der Kuchen ja sowieso. ;-)

Die viele Milch hat übrigens zu einer weiteren Änderung am schweizerischen Rezept geführt: Ich fand, sie könnte sich gewürztechnisch nützlich machen, hab sie mit einer halben Vanilleschote aufgekocht und die Maroni darin ziehen lassen. Das Lebkuchengewürz hab ich dafür gestrichen - noch bin ich nicht in Weihnachtsstimmung. :-) Die überzähligen Maroni, bei Hrn.L. glasiert auf den Kuchen gewandert, haben hierorts in einer Ganache Unterschlupf gefunden. Feine Sache, die sich auch zu Kugeln gerollt als Leckerchen gut machen dürfte. Dann aber mit einer guten Prise Meersalz, nicht zu fein gemahlen, ergänzt.

Maronikuchen

Maronenkuchen mit Maronen-Ganache

Teig:
150-200 g Milch [evt 1/3 davon Sahne]
1/2 Vanilleschote, Mark ausgekratzt
1 Prise Salz
100 g Maroni, gegart
1 Ei
50 g Zucker
50 g neutrales Pflanzenöl
75 g Mehl
3/4 TL Backpulver

Ganache:
50-75 g Sahne
50 g Schokolade, 75%
25 g Maroni, zerkrümelt

Temperatur: 175 Grad, O/U-Hitze, vorgeheizt
Backdauer: ca 30 Minuten
Form: Springform, 18 cm, gefettet

Die Hälfte der Maroni für den Teig in Scheibchen schneiden, den Rest zerbröckeln.

Milch mit Vanilleschote, -mark und Salz aufkochen. Maroni-Bröckchen zugeben, Platte abschalten. Ziehen lassen, bis die Milch abgekühlt ist. Vanilleschote entfernen, Kastanien pürieren.

Ei mit Zucker verquirlen. Erst mit Öl, dann mit der Kastanienmilch gut verrühren. Mehl mit Backpulver in eine Schüssel sieben, die Milchmischung zugießen und glattrühren. Teig in die Form füllen, Maronischeibchen darauf verteilen. Ins Rohr schieben und bis zur erfolgreichen Stäbchenprobe backen. 10 Minuten in der Form ruhen lassen, dann auf ein Gitter stürzen (das bringt die beim Backen untergegangenen Maronischeibchen wieder nach oben :-) ) und abkühlen lassen.

Für die Ganache die Sahne aufkochen. Restliche Kastanien zugeben und pürieren. Zerbröckelte Schokolade zugeben, 3 Minuten stehen lassen, dann glattrühren. Über den Kuchen gießen. Einen Tag Geduld haben, dann erst genießen. :-)

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3 Kommentar(e):

Anonym meint:

Milch ist offenbar ein besonderer Saft, der sich weder um eidgenössische dl (Deziliter) noch um österreichische dag (Dekagramme) kümmert :-)

Arthurs Tochter meint:

aber an Saftigkeit nicht zu überbieten isser, Dein Kuchen. Das sieht man deutlich! Aber das ist eine Geschichte, die so genauso auch mir selbst passieren können, bis hin zum Abdichten der Springform.

Chris meint:

Hab den Kuchen am Wochenende nachgebacken und, im Nachhinein gesehen, bin ich dann doch ziemlich angetan davon. Am ersten Tag hat er mir irgendwie nicht so sehr geschmeckt, da er durch die "Schokohaube" und die vielen Maroni doch ziemlich üppig ist. Am zweiten Tag, oh Wunder, hat er sehr viel besser gemundet, obwohl sich die Konsistenz nicht verändert hatte. Vielleicht musste er einfach 24 h ziehen. Fürs nächste Mal würde ich die Maroni-Milch aber insgesamt reduzieren und mehr auf die Stückchen setzen. Und vielleicht nicht auch zur Schoko auch noch welche dazu. Ist sonst insgesamt doch fast schon ein Overkill. :-)