Donnerstag, 8. Mai 2008

Das ist bitter: Kindern fehlts am guten Geschmack

Drei Viertel der alpenrepublikanischen Kinder zwischen 10 und 13 Jahren können die Grundgeschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter nicht unterscheiden. Auch mit dem Erkennen von Gerüchen hapert es: Nur gut die Hälfte der Kinder erkannte mehr als acht der elf Test-Düfte, die es im Rahmen einer von BOKU-Wissenschaftlern durchgeführten Studie (*) zu identifizieren galt.

Ein betrübliches Ergebnis und "beschämend für ein Land, das sich Feinkostladen Europas nennt", meint die AMA Marketing als Auftraggeberin der Studie und sieht Handlungsbedarf: Was nützt die Produktion von Qualitätslebensmitteln vor allem im Bio-Bereich, wenn die KonsumentInnen von morgen das gar nicht schätzen können? Feiner Geschmacks- und vor allem auch Geruchssinn ist schließlich Voraussetzung für kulinarische Genüsse.

Aber genau in diesem Punkt beißt sich die berühmte Katze in den Schwanz: Kinder, die regelmäßig Fast Food konsumieren, schnitten sowohl bei den Geschmacks- als auch bei den Geruchstests am schlechtesten ab. Defizite in der Geruchswahrnehmung waren bei chronischen Verweigerern von Obst und Gemüse am ausgeprägtesten.

Eine kausale Beziehung zwischen problematischen Ernährungsgewohnheiten und eingeschränkter Geschmacks- bzw Geruchswahrnehmung lässt sich aus diesen Studienergebnissen zwar noch nicht ableiten - immerhin könnten auch andere, noch unbekannte Ursachen eine Rolle spielen -, aber das häufige gemeinsame Auftreten beider Faktoren sollte schon nachdenklich stimmen …

... und zwar nicht nur die Lebensmittelproduzenten. Die könnten ja mühelos auf Einheitsbrei umschwenken. Aber wo bliebe dann unsereins? Ist es doch jetzt schon schwer genug, im Handel beispielsweise Äpfel zu finden, die nicht nicht nur aussehen wie Äpfel, sondern auch noch so schmecken und duften. Statt mit fein differenzierter Vielfalt verwöhnt zu werden, wie der Konsument mit Früchten abgespeist, die zweifellos allen EU-Krümmungs- und sonstigen Vorschriften genügen, aber trotz unterschiedlicher Sortennamen immer nur dasselbe Mundgefühl erzeugen: von gut durchfeuchtetem zuckrigem Styropor.

Bei so viel vorauseilender Bedienung der defizitären Geschmackswahrnehmung künftiger Konsumentengenerationen muss sich niemand wundern, dass heute schon messbare "Erfolge" zu verzeichnen sind. Zwar ist den Studienautoren nicht zu widersprechen, wenn sie meinen, "dass es überaus sinnvoll wäre, Kinder frühzeitig und regelmäßig in ihren sensorischen Wahrnehmungsfähigkeiten zu schulen" - aber da bräuchte erstmal wieder vernünftiges Schulungsmaterial. Gäbe es dieses aber, und zwar auch im 08/15-Supermarkt und nicht nur auf seltenen kleinen Slowfoodbiofeinschmeckermärkten, müsste sich wohl niemand Gedanken um die Einführung spezieller Geschmacksschulungsunterrichtseinheiten in Kindergärten machen. Dann könnten die Kleinen nämlich ganz von selbst wieder nicht nur Äpfel von Birnen, sondern auch einen Bohn- von einem Weinapfel und eine Ilzer Rose von einer Schafnase unterscheiden. Naja, träumen wird frau ja noch dürfen ...

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3 Kommentar(e):

Anonym meint:

Für Äpfel kann ich es nur empfehlen, im Spätsommer selber auf den Plantagen im Umland pflücken zu gehen. Und für den Rest der Zeit gibt es wunderbare kleine Marktstände, an denen es noch seltene und alte Apfelsorten gibt, mit ordentlicher Beratung, welche Äpfel wofür geeignet sind und die einen auch probieren lassen...
Für Tomaten und Kartoffeln bietet sich für den selber (auf dem Balkon) anbauenden Menschen, sich mit Pflanzen/Saatgut bei VERN einzudecken - schöne, geschmacksintensive alte Sorten sind dort erhältlich.

KochSinn meint:

Es ist doch immer wieder Schade wenn Sinneseindrücke zum Teufel gehen.
Eigentlich sollte man sich einen Schrebergarten zulegen und zumindest einen Teil seiner Nahrung selbst anbauen.
Allein schon desseswegen damit nicht vergessen wird wie die ganzen Sachen wirklich schmecken.

Anonym meint:

Dafür können die armen Kinder 35 Eissorten mit Geschmacksverstärkern und 1A-Lebensmittelfarbe unterscheiden. Es ist ein Jammerspiel. Nur gut, dass es bei uns noch Äpfel aus dem alten Land in Bioqualität gibt.