Das Wort zum Wochenende: Menschenfresserei
Sagen wir so: Als Ausflugsverpflegung war er ganz okay - ich hab schon schlimmeren Murks fabriziert. Also Schwamm drüber, es werden bessere Marillenkuchen kommen. Auch besser aussehende, obwohl: Allzu schön darf, was gegessen werden soll, ja auch nicht werden, sonst traut sich niemand zuzugreifen. :-)
Nur darf die Ästhetik der Mahlzeit es nie vergessen, was sie denn nun eigentlich zu stilisieren hat: eine in den Niederungen des organischen Lebens gelegene und deshalb schlechthin durchgängige Bedürfnisbefriedigung. Wenn sie deshalb das materiell Individualistische zum Gegenstand hat, so darf sie gerade darum nicht selbst in individuelle Differenziertheit aufsteigen, sondern nur ein seelisches Nivellement verschönern und verfeinern, bis zu der Grenze, die dieses gestattet. Das individuelle Aussehen einer Speise würde sich mit ihrem Zwecke, verzehrt zu werden, nicht vertragen: das wäre wie Menschenfresserei.
Georg Simmel: Soziologie der Mahlzeit, Stuttgart 1956; zitiert nach: Claudia Schmölders (Hg): Einladung zum Essen. Buch für Gäste, Frankfurt/M 1989
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