Dienstag, 4. September 2012

Wienerisch für AnfängerInnen: Kaschernat


Kaschernat

Meine Kenntnisse des hauptstädtischen Dialekts sind bestenfalls als rudimentär zu bezeichnen. Wenn Eingeborene sich in tiefstem Wienerisch unterhalten, verstehe ich bloß Bahnhof. Aber ich finde viele wienerische Worte und Wendungen ausgesprochen niedlich und freue mich immer, neue kennen zu lernen. Kaschernat zum Beispiel. Ein Wort, bei dem ich nicht mal ins Blaue hinein hätte raten können, was es bedeutet, denn das Klangbild legt sich in keine Richtung fest. Kaschernat klingt für meine Ohren gleichzeitig weich und hart, hell und dunkel, freundlich und unfreundlich - eine undefinierbare Mischung. Und genau das ist, wie ich erfuhr, auch die Bedeutung: Kaschernat bezeichnet ein Durcheinander, genauer ein Lebensmittel- bzw Speisenmischmasch. Friedrich Schlögl notierte 1881 in einer Abhandlung über Die Saison der Wurst missgelaunt, selbige, also die Wurst, sei ein "Füllsel von diversen Abfällen, alten Semmelkrumen und sonstig kleingehacktem Kaschernat". Woraus sich schließen lässt, dass Kaschernat ein ganz beliebiger Mischmasch sein kann und nicht unbedingt aus Paprika, Tomaten und Reis bestehen muss, wie Franz Maier-Bruck suggeriert, der im Kapitel zur Wiener Küche einen Eintopf aus den genannten drei Zutaten schlicht als Kaschernat bezeichnet.

Ganz exakt hab ich mich nicht an Maier-Brucks Rezept gehalten, aber es ist ja ein typisches Merkmal der Arme-Leute-Küche, dass mit dem gearbeitet wird, was verfügbar ist. :-) In meinem Fall waren das rote Paprikaschoten statt der im Rezept genannten grünen, die ich nur selten kaufe, weil ich sie nicht mag. Die Mengen hab ich reduziert, der Eintopf reicht aber immer noch gut für vier Leute, wenn sie nicht allzu ausgehungert sind. An Gewürzen kommt im Originalrezept außer Salz und Paprikapulver nichts rein - ein bisschen Pfeffer, Chili, Zitrone und Kräuter schaden aber genauso wenig wie eine kleine Prise Zucker, finde ich. :-)

Kaschernat

50 g Fett [LBC: 40 g Rapsöl]
1 große Zwiebel, fein gehackt
6 grüne Paprika, in Streifen [LBC: 650 g rote]
1 kg Tomaten, in Scheiben [LBC: 600 g]
125 g Wasser
200 g Reis [LBC: 165 g]
1 TL Paprikapulver
Salz
[LBC: Zitronensaft & -schale, Pfeffer, Chili, Zucker, Thymian, Oregano]

Zwiebeln im heißen Fett goldgelb anbraten. Paprikastreifen zugeben und zugedeckt bei moderater Hitze 15-20 Minuten dünsten. Dann Tomaten, Salz und Wasser zugeben. Weitere 15-20 Minuten zugedeckt garen. Gewaschenen Reis und Paprikapulver zugeben und zugedeckt auf kleiner Flamme weichgaren. Gelegentlich umrühren und bei Bedarf noch einen Schluck Wasser nachgießen. Mit Salz abschmecken und servieren.




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6 Kommentar(e):

Bonjour Alsace meint:

Unser in Wien studierender Sohn bringt manchmal ein paar mir völlig unverständliche Worte mit, ich muss ihn gleich mal fragen, ob er weiss, was Kaschernat bedeutet.

Anonym meint:

nun leb ich schon länger als mein halbes leben in wien und hab noch nie "kaschernat" gehört, geschweige denn gegessen! danke für den tipp! lg irmi e.

Hedonistin meint:

@Irmi & Alsace - Im Hause LBC war Kaschernat bis neulich auch unbekannt. Ganz vergessen kann das Wort aber nicht sein, im Wienerisch-Quiz von Radio Wien wurde es gewusst, während die Frage nach "Bramburi" erstaunlicherweise unbeantwortet blieb. :-)

Im Sedlaczek ist Kaschernat jedenfalls mit der Bedeutung Speisenmischmasch verzeichnet, samt Vermutung, dass es sich vom französischen cochonade ableiten und über den ungarischen Reis-Paprika-Wurst-Eintopf kaszernat ins Wienerische gelangt sein könnte.

Wilde Henne meint:

Jessäs, und ich hab schon Mühe, das Wort richtig auszusprechen. Keine Ahnung, was da betont wird, die erste oder die letzte Silbe? ;-)

Hedonistin meint:

@Frau Henne - Betonung liegt auf der ersten Silbe. ;-)

Frau Ziii meint:

Hier wird's ja immer spannender...