Montag, 10. Dezember 2007

Joghurt aus dem Reiskocher


Joghurt aus dem Reiskocher

Bei FoodFreak wirds getan, bei Hedebock&Krauter auch, und bei Fool for Food ging man die Sache schon längst an, hoch wissenschaftlich sogar. Und nun ists auch in der low budget-Küche so weit: Joghurt wird selbst gemacht.

Der Plan als solcher ist auch hierorts nicht neu, tatsächlich nehme ich mir schon seit vielen Jahren immer wieder mal vor, Joghurt selbst zu machen - immer dann, wenn ich samstags vorm halb leeren Kühlregal im Supermarkt stehe und das von mir bevorzugte feste Joghurt - kleiner Einschub: In der Alpenrepublik ist Joghurt ein Neutrum, daran hat auch die Rechtschreibreform nichts geändert - bereits ausverkauft ist. Ein kurzes Zwischenspiel mit einem handelsüblichen Joghurtbereiter endete ohne Einsatz desselben: Die Minigläschen dieses Geräts konnten angesichts unseres Joghurtverbrauchs nur als lächerlich bezeichnet werden. Ein-Liter-Joghurtbereiter, wie von FoodFreak verwendet, waren nicht erhältlich, und die "Großmutter-Methode" schreckte mich ab: In den Anleitungen, die mir unterkamen, wurde betont, dass die Temperaturen gradgenau eingehalten werden müssten und zudem das in Entwicklung befindliche Joghurt äußerst empfindlich sei, wehe, es werde bewegt ... Allein schon Letzteres schien undurchführbar: Ein gleichmäßig warmes Plätzchen im Bett (unsere Heizkörper sind nicht tief genug, um irgendwas darauf abzustellen) müsste sich ein Joghurtbehälter mit etlichen Katzen teilen. Wie sollte ich denen klarmachen, dass sie sich nicht mucksen dürften? Die würden mir was husten. :-)

Es sah also ganz danach aus, als würde ich auch weiterhin wochenends das ungeliebte flüssige Joghurt löffeln (oder samstags früher aufstehen) müssen, denn gleichermaßen empfindliche wie aufwändige Zubereitungen haben in der low budget-Küche keinen Platz, da mangelt es an Opferbereitschaft. Dass ich nun doch einen Versuch wagte, lag an einem Zusammentreffen zweier Ereignisse: einmal die Bemerkung bei Hedebock&Krauter, dass Joghurt schon zu Moses' Zeiten und damals zweifellos ganz ohne Hightech-Equipment bereitet wurde. Und die plötzliche Erkenntnis, dass mein Reiskocher in der Warmhaltestufe eine angenehm muckelige Temperatur produziert. Exakt 48 Grad, wie das Thermometer zeigte. Zu viel, wenn es nach den mir bekannten Joghurt-Anleitungen ging - grade richtig nach Einschätzung meines eingetunkten kleinen Fingers; und waren nicht auch Moses und Dschinghis Khan auf die Fingerprobe angewiesen?

Versuch macht kluch, und dass ein 1-Liter-Joghurt-Eimerchen so exakt in den Reiskocher passte, als wäre er dafür gemacht, nahm ich als zusätzlichen Wink des Schicksals. Also ans Werk und als Orientierungshilfe eine Anleitung rausgekramt. Die verlangte gleich zu Beginn, ich solle die verwendete Frischmilch auf 60-90 Grad erhitzen und dann auf 45 Grad herunterkühlen. Warum das denn, frug ich mich. Rohmilch, ok, von wegen der Hygiene. Aber pasteuri-, sterili- und anderswie -sierte Milch? Was soll das wohl bewirken? Gut, das eine oder andere Protein würde sich vielleicht verändern ab 60 Grad, aber hätten Bakterien, die auf frisch gekochte Milch angewiesen sind, evolutionär überhaupt eine Chance gehabt? Und hatte Moses in der Wüste wirklich rares Feuerholz verschwendet, um Milch für die Joghurtproduktion zu kochen? Schien mir beides unwahrscheinlich.

Da kühlschrankkalt, musste die Milch - ein halber Liter von der glücklichen Kuh, 3,5% Fett - zwar sowieso erwärmt werden, ich zog sie aber vom Herd, als die Fingerprobe etwas mehr als Handwärme, aber noch deutlich weniger als Spülwassertemperatur ergab, also noch unter 60 Grad. Da mein Sinnen und Trachten stichfestem Joghurt galt, hatte ich auch gleich einen Löffel Magermilchpulver eingerührt. Nun 3 Löffel Joghurt dazu, flüssig-cremig leider, aber auch von der glücklichen Kuh und ebenfalls 3,5% Fett. (Ob der übereinstimmende Fettgehalt wirklich von Bedeutung ist? So ganz kann ichs nicht glauben.) Kräftig durchgerührt, Deckel drauf, ins warme Wasser im Reiskocher und diesen auf Warmhalten gestellt. Nach ca dreieinhalb Stunden neugierig geguckt: schönes, und vor allem fest wirkendes Joghurt lachte mich an. Ich lachte erfreut zurück und verfrachtete den Eimer nach kurzer Abkühlphase in den Kühlschrank.

Etwas später dann der Geschmackstest: eine kleine Spur milder als das Starterjoghurt, aber dennoch angenehm säuerlich, genau so, wie ichs mag. Die Konsistenz nicht ganz so fest, wie das Aussehen vermuten ließ und ich mir gewünscht hätte: nicht schnitt-, aber doch löffelfest, obwohl das Ausgangsprodukt flüssig-cremig war.

Jetzt steht noch eine Wiederholung aus, um zu klären, ob dieses nahezu perfekte Ergebnis nicht vielleicht bloß das Pendant zur dicken Kartoffel des dummen Bauern war. Und ob etwas mehr Milchpulver und/oder etwas mehr Zeit im Reiskocher vielleicht gar zu schnittfestem Joghurt führen. Und dann gehören unausgeschlafene samstagmorgendliche Einkaufstouren zum Erwerb festen Joghurts hoffentlich der Vergangenheit an. :-)

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17 Kommentar(e):

haftgrund meint:

endlich Samstage zum Entspannen!
dann können auch jene Romane für gepflegte Frauen jenseits der Zwanzig gelesen werden, die in der Mailbox harren.

Hedonistin meint:

Verlangen im bequemen Pyjama verbrachte Samstagvormittage nicht eher nach Lafargue? ;-)

Barbara meint:

Schön! Hat doch gut geklappt.

Wir haben den gleichen Joghurt-Bereiter wie Foodfreak, damit funktioniert es prima, braucht allerdings 8-12 Stunden, dann erst wird der Joghurt fest. Also vielleicht länger drin lassen?!

Sonst: Magermilchpulver nehme ich keins, 3,5%ige Milch macht festere Joghurts, finde ich.

Hedonistin meint:

Danke für den Hinweis - ich würde das Milchpulver von den unglücklichen Kühen eh lieber nicht nehmen.

Barbara meint:

Vielleicht gibt es Milchpulver auch von glücklichen Kühen - ich habe Milchpulver ehrlich gesagt noch nie gekauft.

Aber in der Alpenrepublik scheint es glückliche Katzen zu geben! ;-) Wie viele tummeln sich denn da tagsüber im hedonistischen Bett der low budget Küche?

Hedonistin meint:

Derzeit sind es nur noch drei Samtene, leider. Obwohl, als sie noch zu fünft waren, alle von recht - sagen wir mal: energischem Charakter und mit viel Durchsetzungswillen ausgestattet, hatte die Sklavin kaum Zeit für eine Atempause. Das Leben ist ein klein wenig beschaulicher geworden. :-)

Anonym meint:

Vom Joghurt im Reiskocher bin ich ganz begeistert. Eine tolle Idee!
lg lavaterra

Anonym meint:

Da passt man mal einen Tag nicht auf und schon gibt es sensationelle technische Durchbrüche!
3 Stunden sind ggf. etwas zu wenig,
ich meine es dauert schon ca.8-10 Stunden.
Stichfest geht wohl nur mit Milchpulver, was ich selber aber auch noch nicht ausprobiert habe.

ostwestwind meint:

3 Stunden sind wirklich zu wenig 8 - 10 Stunden müssen es wirklich sein. Je fetter die Milch, desto stichfester der Joghurt und ganz wichtig: Die richtigen (Starter)-Kulturen, versuch's 'mal mit den griechischen, wenn du die kriegst. Und pasteurisieren muss sein, denn sonst hast du vielleicht noch ein paar Keime, die sich bei deinen Temperaturen wohlfühlen und den Geschmack verderben können.

Hedonistin meint:

Ok, bin schon überzeugt - nächstes Mal bleibts über Nacht im Reiskocher. :-)

Aber - @Ostwestwind - wenn sich auf Milch aus einer frisch geöffneten Packung (pasteurisiert) in Minutenschnelle böse Keime aus meiner Küche ansiedeln würden: Dann hülfe das Erhitzen auch nicht, denn während des Runterkühlens würden ja schon die nächsten fiesen Tierchen reinfallen. :-)

ostwestwind meint:

Frisch geöffnet lass' ich durchgehen :-)

Hedonistin meint:

Puhhh - Glück gehabt. :-)

Anonym meint:

Guter Hinweis von Ostwestwind mit dem Fettgehalt in Bezug zur Stichfestigkeit. Ab und zu hole ich mir ja frische Schafsmilch,die
hatte Ende September 9,5%....
Kann ich erst im Frühjahr ausprobieren, wenn es wieder welche gibt.
( Moses und Dschingis Kahn namen vermutlich auch Schafsmilch, die Kaukasus Joghurt Erfinder wohl auf jeden Fall...)

Hedonistin meint:

Bei Dschinghis Khan würd ich eher auf Stutenmilch tippen. :-)

Aber ich seh schon, da gibts noch viel Raum zum Experimentieren.

Anonym meint:

es macht definitiv der Fettgehalt, ich benutze die mit 3,7% - aber auch wie sehr die Fettmoleküle im Ausgangsprodukt homogenisiert sind... und ich kann Ostwestwind nur zustimmen, das beste Ergebnis kriegt man mit dem festen griechischen TOTAL Joghurt als Ansatz. Sehr ordentlich geht bei mir auch der Biojoghurt von Plus und kürzlich ABC-Joghurt aus dem Bioladen.

Anonym meint:

Hallo,
habe die gleiche Idee heute gehabt, und beim googlen bin ich hier auf den Thread gestoßen. Werde mir jetzt erstmal Joghurt besorgen um die Milch zu impfen. Habe Rohmilch vom Bauern die schon langsam säuerlich schmeckt. Soll ich die Milch etwas erhitzen? Und wie heiß muss das Wasser im Reiskocher sein?
LG
Kerstin

Hedonistin meint:

@Kerstin - Zur Rohmilch kann ich dir mangels Erfahrung keine Tipps geben, die ist hier nicht zu kriegen. Ich würd mich aber wohl nicht trauen, sie ohne vorheriges Aufkochen zu verwenden ...

Temperatur im Reiskocher auf Warmhaltestufe liegt hier zwischen 45 und 48 Grad (je nach Thermometermodell :-) ).