Donnerstag, 19. Juni 2008

Túrós csusza - Topfen-Haluschka


Topfen-Haluschka - Túrós csusza

Ewigkeiten lang dachte ich in seliger Unschuld, böhmische Fleckerlnudeln mit Quark hießen Topfen-Haluschka. Aber Foodbloggen ist die Vertreibung aus dem Paradies der Ahnungslosigkeit, hinaus ins wüste Land chaotisch sortierter Bücherregale und stressiger Konferenzen mit Tante Google: Wie ists denn nun richtig?

Wissen wollte ich eigentlich nur, ob "Haluschka" wirklich so geschrieben wird. Oder vielleicht eher mit Hatschek. Ich befragte Franz Maier-Bruck, der für "Haluschka" plädierte - aber zu meinem Erstaunen diesen Namen für Nockerln verwendete; ergänzend jedoch auf Louise Seleskowitz verwies: Sie bereite Haluschka aus Nudelteig zu, wobei es sich um ein ungarisches Gericht handle. Verblüfft griff ich nach meinem großen ungarischen Kochbuch, und tatsächlich: Die Topfenfleckerln sind eine ungarische Spezialität. Aber sie heißen gar nicht Haluschka. Sondern túrós csusza - was auch Tante Google bestätigte, die zudem informierte, dass túrós Topfen und csusza Fleckerln heißt.

Aber warum kenne ich diese Nudeln dann als Topfen-Haluschka? Und nicht nur ich, sondern z.B. auch Christoph Wagner? Hat Louise Seleskowitz' Benennung sich so nachhaltig durchgesetzt? Vertrauensvoll wandte ich mich an die Große Prato, deren "Kochbuch der österreichischen und süddeutschen Küche, mit böhmischen, englischen, französischen, italienischen, serbischen und ungarischen Nationalspeisen" eine alpenrepublikanische Institution ist. Prato führt die - mit Hatschek geschriebenen - Haluška als böhmische Spezialität in zwei Varianten: Einmal als Nockerln und einmal als Fleckerlnudeln. In beiden Fällen übrigens entweder mit neutralem Kuhmilch-Quark und Speck oder - wie ich es von klein auf kenne - mit aromatischem Brimsen und Butter angerichtet.

Verwirrt setzte ich mich nochmal mit Tante Google zusammen und erfuhr: Haluschka sind böhmische Nockerln und heißen korrekt halušky. Oft werden sie mit Kraut serviert (halušky s kapustou), die ebenfalls beliebte Zubereitung mit Brimsen nennt sich bryndzové halušky. Und mit winzigen Lautverschiebungen haben die böhmischen Nockerln auch im Ungarischen Einzug gehalten, als galuska, bzw - mit Quark angerichtet - als túrós galuska.

Warum die Quark-Fleckerlnudeln hierzulande Topfen-Haluschka genannt werden, obwohl weder die böhmischen halušky noch die ungarischen galuska Nudeln sind, weiß ich allerdings immer noch nicht genau. Es mag mit der Autorität der Katharina Prato zu tun haben. Viel mehr würde ich aber darauf tippen, dass "Haluschka" für den Alpenrepublikaner einfach leichter zu sprechen ist als "túrós csusza". :-)

Aber sei's wie es sei, die fleckerlnudeligen Topfen-Haluschka sind beste Arme-Leute-Küche: einfache Zutaten, simple Zubereitung, wunderbarer Geschmack - auch wenn obiges Foto das kaum erahnen lässt. Doch als Tante Google mich endlich entließ, wars schon so dämmrig, dass ich keine vernünftige Aufnahme mehr zustandegebracht habe. :-)

Túrós csusza - Topfen-Haluschka

Nudeln:
225 g Mehl
1 Ei
Wasser, nach Bedarf (ca 4-5 EL)
Salz
Öl, einige Tropfen

außerdem:
175-200 g Brimsen
Sauerrahm, etwas, nach Belieben
2-3 EL Butter (oder mehr)
2-3 EL Schnittlauch, gehackt

alternativ:
200 g Bröseltopfen (Bauerntopfen, sehr trockener Magerquark)
Sauerrahm, etwas, nach Belieben
75 g Speck, gewürfelt (oder mehr)
2-3 EL Schnittlauch, gehackt

Aus den genannten Zutaten (ohne Öl) einen glatten Nudelteig bereiten, zu einer Kugel formen, mit Öl einreiben und 20 Minuten zugedeckt rasten lassen. Auf bemehlter Fläche sehr dünn auswalken, in Streifen schneiden, daraus unregelmäßige Fleckerln reißen (oder schneiden). In Salzwasser in wenigen Minuten garen, abtropfen.

In erhitzter Butter abschmalzen, mit Brimsen vermengen, nach Belieben Sauerrahm darübergeben und mit Schnittlauch bestreut servieren.

(Alternativ Speck auslassen und kross braten. Speckwürfel aus dem Fett nehmen, Fleckerln im Fett abschmalzen, mit Topfen vermengen, nach Belieben Sauerrahm darüber geben, mit Speckwürfeln und Schnittlauch bestreut servieren.)

Tipp: Noch schneller und einfacher gehts mit gekauften Fleckerlnudeln. :-)

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8 Kommentar(e):

Anonym meint:

Danke für den wirklich interessanten Exkurs = wieder was dazugelernt!!

Anonym meint:

ha! die vertreibung aus dem paradies der ahnungslosigkeit. und dann auch noch den allerbesten maier-bruck, wagner und meine lieblingsprato zitiert. sehr schön. und ich dachte, ich wäre ein einsamer freak auf den weiten fluren der esskultur...

Anonym meint:

Tante Google, die lässt einen einfach nicht los. Aber die selbstgemachten Fleckerln sind sicher um vieles köstlicher als die gekaufte Version! Ich muss das mal testen (und Topfen ist auch noch da...)

VOKinga meint:

Hallo! :) Ich bin aus Ungarn und lese schon seit ein paar Monaten Deinen Blog! Wenn ich ein bisschen helfen darf: dieser Rezept ist kein "túrós csusza", und auch kein "galuska", obwohl es viele Aehnlichkeiten gibt. Ich glaube, dass es kein ungarisches Rezept ist, auf jeden Fall kein alltaegliches.
Wenn Dich vielleicht interessiert, versuche ich es gerne zu beschreiben, wie "csusza" und "galuska" gekocht wird!
Und herzlichen Dank für die viele köstliche Rezepte! :)

Hedonistin meint:

@Anyamanya - Ich hatte befürchtet, dass es kein ganz authentisches ungarisches Rezept ist, sondern eher eine freie österreichische Interpretation aus Monarchiezeiten. :-)

Echt ungarische Rezepte für czusza und galuska wären toll, wenn du dir die Mühe machen möchtest. (Ich hatte beim Googlen zwar auch ungarische Seiten mit diesen Begriffen gefunden, aber leider hab ich null ungarische Sprachkenntnisse.)

VOKinga meint:

Entschuldigung, dass ich nur jetzt schreibe, wenn es um Zeit geht, ist mir sehr-sehr knapp -vielleicht hasst Du in meinem Blog meine drei Kinder gesehen. :)
Also:
"TÚRÓS CSUSZA": Csusza-Nudeln ist eine ungarische Art von Nudeln, es ist viereckförmig, etwa 1,5-2cm lang. Heute machen nur sehr wenige Leute hausgemachte Nudelteig, also meistens kaufen wir es in der Tüte. Mir faellt keine allgemein bekannte Form von Nudeln ein, mit dem es man ersetzen könnte, italienische Nudeln sind dicker und nicht aus Weizen, sondern aus Durummehl.
Man kocht csusza-Nudeln in Salzwasser. Es sind noch drei Zutaten: Császár(kaiser)speck gewürfelt (mit Bacon verwechselber), Quark (ungarische Magerquark ist körnig) und Sauerrahm. Bacon langsam in einer Pfanne Braten, Fett auffangen. Nudeln mit Fett, Bacon, Quark und Rahm schichten, am Ende zusammenrühren. Mit Sauerrahm servieren. Einfach und sehr-sehr lecker.
"GALUSKA" ist bei uns eine Art Garnierung zu sossigen Speisen. Man naennt es auch "nokedli". Man verrührt 50 g geschmolzene Butter, 2 Eier und 1 dl Wasser. Der wichtigste "Galuska-Regel" ist, dass man es nur mit einem Löffel rührt, es darf nicht zu Glatt werden. Man gibt so viel Mehl dazu, dass es nur ein bisschen dichter, als Sauerrahm ist (es ist nicht einfach zu beschreiben, bei uns ist "dicht wie galuska" ein Kochfachwort.) Es gibt in Ungarn ein Gegenstand, aenlich wie eine umgekehrte Reibe, das galuska-Reisser genannt wird, aber man kann es auch mit einem Ess- und einem Teelöffel machen, in kochende Salzwasser kleine galuskas etwa in Bohnengrösse reissen. Wenn es auf die Wasserflaeche kommt, ist es fertig.
Wenn ich mal die beide koche, schreibe ich auch auf deutsch ein Post an meinem Blog, mit Fotos wird es bestimmt einfacher zu vorstellen.

Hedonistin meint:

@Anyamanya - Danke für diese ausführliche Beschreibung!
(Ich war schon beeindruckt, wie brav deine Kinder sind, dass sie dir Zeit zum Bloggen lassen. :-) )

Die viereckigen Nudeln heißen in Österreich Fleckerln - und kaum jemand macht sie selbst. Ich kaufe sie meistens auch fertig. :-)

Die Mischung mit Speck, Quark und Sauerrahm ist also die echte ungarische Form. Die Variante mit Brimsen kommt dann wohl doch aus Böhmen. Und meine ungarischen Nudeln mit böhmischem Brimsen waren Fusionsküche. :-)

Und die Galuska sind also kleine Nockerln, eigentlich Spätzle? "Etwas dichter als Sauerrahm" finde ich eine gute Beschreibung der Konsistenz. Aber du hast Recht, man kann das sicher besser zeigen als erklären. Jetzt warte ich gespannt auf deinen Blog-Eintrag!

Vielen Dank nochmal für deine Erklärung!

VOKinga meint:

Mami bloggt meistens in der Nacht. :) Für mich ist es eine Erholung -aber manchmal denke ich, Schlaf waere rationeller.

Spaetzle habe ich schon einmal in Münsingen gegessen: schmeckt wirklich aehnlich wie galuska.

Und Du hasst recht: Fleckern sind csusza, im Wikipedia hab ich es angeschaut. :)

Gute Nacht! :)