Hollerkoch
In sengender Hitze hatte ich mich mit einem großen Korb (und einem Träger für denselben :-) ) auf den Weg gemacht, um Hollerbeeren zu ernten. Bei gefühlten 52 Grad war ich schon auf halber Strecke dem Kollaps nahe und zog nur deshalb nicht in Erwägung umzukehren, weil ich an den nahenden Winter (wirklich, die Tage werden ja schon kürzer, lang dauerts nicht mehr) dachte, für den es Vorräte anzulegen gilt. Also trottete ich tapfer weiter - nein, ich hab den Gefährten nicht vergessen, aber ich war eindeutig tapferer: Am Ziel machte mein Korbträger es sich nämlich im weichen Gras gemütlich. Während ich mich durch manns frauhohe Brennnesselstauden zu jenen Hollersträuchern durchkämpfte, die zur Blütezeit nur von freundlichen Mohn- und Glockenblümchen umgeben gewesen waren. Und wofür all die Qualen? Für ein knappes Pfund Beeren. Es zeigte sich nämlich, dass die zunehmende Verdunklung, die ich wahrnahm, nicht von mich verschlingen wollenden Riesenbrennnesseln herrührte, sondern von einem rasch aufziehenden Gewitter, vor dem es zu flüchten galt, obwohl die Beerenernte diese Bezeichnung noch nicht annähernd verdiente.
Ein halbes Kilo Holunderbeeren - das lohnte nicht für die geplante Sirupherstellung. Ich disponierte daher um auf Hollerkoch und erkannte bei den Vorbereitungen noch einen weiteren Nachteil so kleiner Beerenmengen: Das Abrebeln ist erledigt, ehe frau sich in einen erholsamen meditativen Dämmerzustand versetzen konnte. Es bleibt also nur das Seufzen über diese wirklich nervige Beschäftigung (die, btw, in Uraltklamotten oder unter dem Schutz einer Küchenschürze erledigt werden sollte). Andererseits sorgt die wache Konzentration dafür, dass auch jene kleinen Tierchen entdeckt werden, die sich zuvor dem reinigenden Wasserstrahl zähschleimig widersetzt hatten. :-)
Ist sie nicht niedlich? So klein noch, kleiner als eine Hollerbeere, und so durchsichtig, dass genau zu sehen ist, wie die einsame Hirnzelle ihr monotones "Futter, Futter, Futter"-Signal aussendet. Aber daraus wurde nix mehr, schließlich brauchte ich das kümmerliche Häufchen Beeren selbst. :-)
Hollerkoch, wie angedicktes Holunderbeerenkompott in der Alpenrepublik heißt, wird üblicherweise mit Zimt und Nelken gewürzt und oft in Rotwein gekocht. Das ist gut für den Wintervorrat, aber nicht ganz das Wahre, wenns im Hochsommer gegessen werden soll, wo der Mensch auch ohne Glühwein nicht zu frieren droht. Ich bin daher von der traditionellen Rezeptur abgewichen und habe die Beeren nur in Zuckersirup und Zitronensaft gekocht und ihnen abschließend noch einen Schluck Rosenwasser gegönnt, was ihnen ganz klar besser bekam als der übliche Zimt. Leider sieht man nicht, wie fein es duftet; und überhaupt bin ich fototechnisch an der dunklen Suppe verzweifelt und gescheitert - aber lecker ist sie, auch wenn mans ihr nicht ansieht. :-)
Hollerkoch mit Rosenwasser [ Elderberry Compote ]
100 g Wasser
100 g Zucker
1-2 Zitronen, Saft
ca 500 g Holunderbeeren, abgerebelt
1-2 TL Stärkemehl, in etwas Wasser angerührt
3 TL Rosenwasser (nach Geschmack mehr oder weniger)
Wasser mit Zucker und Zitronensaft aufkochen. Beeren zugeben und zugedeckt auf kleiner Flamme in etwa 15-20 Minuten weichgaren. Stärke zugeben, einmal kurz aufwallen lassen. Mit Rosenwasser abschmecken.
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6 Kommentar(e):
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oh wie lecker!
Ich liebe das im Winter mit heißem Wasser aufgegossen, herrlich!
Lecker - und unter solchen Mühen und Leiden zu Stande gekommen...ich hatte solches Mitleid mit dir beim Lesen; ich sehe nicht, wieso die phototechnisch Probleme mit der Suppe hattest - ist genial wie immer präsentiert!
Das sieht wirklich lecker aus - Aber wie süß ist denn erst das Schneckchen? Ein wirkliches schönes Bild! :)
wie bei Michel in der Suppenschüssel.
Nehmen Sie einfach einen Kamm, idealerweise einen Dauerwellenkamm (sowas gabs in den 80ern)
lg
marion.antville
Bei dir ist der Holler aber schon weit! Hier fängt er erst an rot/dunkel zu werden.
Ob ich das mag, weiß ich nicht, ich hatte mal
als Teenie zuviel Hollergelee gekocht und essen müssen, seitdem ist mir der Geruch und Geschmack nicht mehr so lieb...
Viele Grüße und für die nächste Ernte besseres Wetter
Herrlich geschrieben (die arme Schnecke ;)